Tag 8 – von Rehburg-Loccum nach Porta Westfalica



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Tag 8 – von Rehburg-Loccum nach Porta Westfalica

Bedauerlicherweise können wir uns am folgenden Morgen nicht von der quirlig-herzlichen Birgit verabschieden. Vermutlich streift sie mit ihrer weißen Schäferhündin durch die Wiesen vom Erlengrund, diesem verzauberten Ort, irgendwo im Nirgendwo. Es geht gleich mit einer Steigung los, die mich spüren lässt, wie erschöpft ich bin. Meine Oberschenkel scheinen sich in den vergangenen sieben Tagen verdoppelt zu haben, sind krachhart und mit meinem Hintern könnte ich inzwischen vermutlich Nüsse knacken.

Pollenhagen und sein Tante-Emma-Lädchen wie aus der Vergangenheit – einmal hin, alles drin.

Die härteste Nuss des Tages allerdings, die hat Christian zu knacken. Weil mich mitten im Wald, etwa acht Kilometer von Bückeburg entfernt, eine gigantische Erschöpfungswelle überschwemmt (wir erinnern uns – ich trage den Titel Dramaqueen nicht zum Spaß! Wer das nachlesen möchte: sehr ausführlich unter www.millas-Blick.de beschrieben). Auf einem nach Harz und Wärme und Sommer riechenden Holzstamm sitzend, heule ich mir die Augen aus dem Kopf. Weltschmerz. Lebenskatastrophe. Sinnesverzweiflung. Von Allem in großen Portionen. Oh ja, ich weiß sehr genau, wie ich einen perfekten Vormittag ruinieren kann. Ganz im Ernst: Blauer Himmel, Sonne und nicht mal der Hauch einer zivilisatorischen Störung. Nur absolute und unbedingte Stille. Lediglich durchbrochen vom zarten Summen einer Biene. Oder dem kurzen Tschilpen eines sorglosen Vogels. Und da, aus heiterem Himmel, ist sie da die große Panik vor – sucht euch was aus, liebe Gemeinde der 40+. Ohne das blöde W Wort zu bemühen: Steckt nicht in jedem von uns immer mal wieder ein bisschen Weltschmerz? 

Doch dann erreichen wir Pollenhagen. Ein kleiner Ort im Nirgendwo, verschlafen, wo scheinbar nur noch die Alten und die ganz Alten leben. Wo Anneliese mit einer Kollegin (vielleicht ist es ihre Schwester, vielleicht ihre Schwägerin. Wir haben es leider nicht rausgefunden) den kleinen EDEKA mit freundlichstem Fleiß täglich aufschließt. Frische Brötchen, frischen Aufschnitt, frischen Käse, aber auch Dosen- oder Tütensuppen, Kosmetikartikel und Keramika verkauft. Das, was früher als Tante-Emma-Laden bezeichnet wurde. Wir kaufen Brötchen und Aufschnitt und Christian fragt, ob er einen Kaffe haben kann. Was dann passiert, wird uns noch bis Ende der Tour als die Episode „Anneliese“ in Erinnerung bleiben: Besagte Verkäuferin / Ladenbetreiberin verschwindet mit einem fröhlichen Lächeln hinter der Fleischtheke und taucht viele Minuten später mit einem Becher Kaffee in der Hand auf. Frisch aufgebrüht. Bezahlt haben wir 1 Euro (in Worten einen). Und während Christian noch an der Fleischtheke wartet, komme ich mit Annelieses Kollegin ins Gespräch. Sie verkauft mir eine Schachtel PallMall ohne Zusätze, ich fühle mich bemüßigt zu betonen, dass die Kippen nicht für mich sind, weil ich nämlich vor 5 Kilo aufgehört habe zu rauchen, und sie erzählt mir mit einigem Stolz, dass sie nie geraucht und deswegen auch nie Gewichtsprobleme gehabt hat. Sie hat früher Konfektionsgröße 34 getragen und jetzt, mit Ende 50, tut sie es immer noch. Naja, so genau wollte ich es dann eigentlich doch nicht wissen.  

Warten auf den Kaffee zum Mitnehmen. Frisch aufgebrüht und trotzdem nur 1 €

Ich frage beim bezahlen, ob wir mit unseren Brötchen und dem Kaffee auf der kleinen Mauer vor dem EDEKA sitzen und frühstücken dürfen. Wir dürfen. Mit dem 1-€-Kaffee, zwei Brötchen für jeden mit Aufschnitt sitzen wir also auf der Mauer, auf der Lauer und fühlen uns ein bisschen wie im Kino: Heinz kommt in seinem dicken Mercedes aus den späten 90er Jahren und hält direkt vor dem Fenster neben dem EDEKA. Das Fenster öffnet sich, ein Mann jenseits der 80 guckt raus und dann wird erst mal ausgiebig gesprochen. Leider zu leise, um zu verstehen, worum es geht. Eine voluminöse Frau, von der wir nicht wissen, ob sie die Mutti oder die Omma von der etwa 4-Jährigen an ihrer Hand ist, stellt fest, dass der kleine blonde Fratz seine Trinkflasche hat fallen lassen. Die ist unters Auto gerollt. Keine 10 Zentimeter von der Beifahrertür entfernt. Wir sehen sie. Mutti (oder Omma, wer weiß es schon so genau) sieht es auch und handelt. Nein, sie kniet nicht nieder, um mit ausgestrecktem Arm die Flasche zu angeln. Nein. Sie steigt ein, fährt vor, steigt wieder aus, hebt die Trinkflasche auf, putzt den Schnuller an ihrer wallenden Hemdbluse ab, öffnet die hintere Tür, reicht dem Kind die Flasche, steigt vorne wieder ein und fährt. Ja. Genauso ist es gewesen, in Pollenhagen, Mittags gegen 13 Uhr.

Bei aller Fröhlichkeit und Abenteuerfreude: Tag für Tag um die 100 Kilo Gewicht nur Kraft seiner Beine von A nach B zu transportieren, ist nun mal kein Urlaub. Wir reden hier nicht ausschließlich von Tina, sondern noch von Fahrrad und Gepäck. Den haben mir übrigens viele Freunde und Bekannte gewünscht: Einen schönen, spannenden Urlaub. Nein, liebe Daheimbleiber und treue Blogleser. Eine Radtour wie diese ist kein Urlaub im klassischen Sinn, auch wenn sie viele klassische Elemente enthält. Sich Tag für Tag zu motivieren, seine körperliche Belastbarkeit auszutesten, wahlweise zu überschreiten, ist eine Grenzerfahrung, wie zumindest ich sie noch nicht in der Form erlebt habe. Ich bin versucht, es klein zu reden, fürchte allerdings Christians Tadel und gestehe deswegen: Die Tour ist arschanstrengend. Und ich rede an dieser Stelle nicht von den Naturgewalten wie Gegenwind, knallende Sonne, Steigungen, die mich an die Kotzschwelle bringen. Auch nicht die zum Teil unfassbar rücksichtslosen Autofahrer, die schlechten Radwege, die diese Bezeichnung nicht verdienen. Nein, es ist das Alleinsein mit sich und seinen Gedanken, die Tango tanzen und sich nur schwer in Zaum halten lassen. Da können schon auch alte Geschichten von Verrat und Verlassenwerdens hochkommen, die Wut auf Freunde, die keine mehr sind, die Trauer über Verluste. Ja, es ist tatsächlich nicht nur spaßiger Luxus, so viel Zeit für sich selber und seine Gedanken und Erinnerungen zu haben. Was aber nicht bedeutet, dass ich bislang auch nur eine Minute / nur einen gefahrenen Kilometer bereue.


Der Frustanfall dauert eine knappe halbe Stunde – dann muss einfach Schluss sein, wir haben keine Taschentücher mehr übrig und auch das Klopapier wird knapp. Christian lenkt meine Gedanken auf einen Mistkäfer und es dauert ziemlich lange, bis ich begreife, worauf er hinauswill. Mit verquollenen Augen und dem wilden Wunsch, mich nicht von meinen Emotionen und Ängsten ernsthaft aus der Bahn werfen zu lassen, treten wir in die Pedale, erreichen nach 3:42 Stunden reiner Fahrzeit und 59,11 Kilometer den Campingplatz Weserbogen um 16.10 Uhr. Bauen unser Zelt auf, räumen es ein – und die zweite Erschöpfungswelle droht mich ohne Rücksicht auf Nachbarn in ihren Zelten und Wohnwagen zu ersäufen wie eine kleine Katze im Sack eines gefühlskalten Bauern. Es hilft nichts – außer aushalten. Und hoffen, dass der nächste Tag besser wird. Gute Nacht, böse Gedanken.
Ich denke, ohne es genau zu wissen, Tina erlebt gerade das Gleiche wie viele andere, die eine beschwerliche Pilgerreise wagen. Im Alltag verdrängen wir böse Gedanken und verstecken sie unter allerhand Beschäftigung. Um unsere eigenen Probleme nicht thematisieren zu müssen, stürzen wir uns manchmal leidenschaftlich auf die Probleme der Anderen. Das alles geht hier nicht. Beim Touren bin ich dazu gezwungen, mich mit mir selbst zu beschäftigen, denn Gespräche beim Fahren sind zumindest auf öffentlichen Straßen kaum möglich.

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Christian

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Tag 5 – von Bettmar nach Arnum



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Tag 5 & 6- von Bettmar nach Arnum

Da ist also diese grobe Route, der wir folgen. Westen. Immer schön gen Westen. Aber auch wenn Christian schon vor dem Aufstehen mit Handy, Tab und Motorradkarte (!) hantiert, lautet die Regel: Immer fein flexibel bleiben. Immer mit Überraschungen rechnen. Immer brav entspannt bleiben. Weißt du doch beim aufstehen noch nicht, ob deine Beine heute so mitmachen, wie du es erwartest und die geplante Route es erfordert. Ob das Wetter mitspielt (tut es momentan noch vorbildlich). Also gibt’s nichts, auf das wir uns verlassen (können). Sicher ist nur: Vorm dunkel werden steht unsere Schlafstätte. Wo auch immer. Na ja, sagen wir mal vor Tinas Aufstehen, die beim Campen eine für sie ungewöhnliche Leidenschaft fürs Langschläfertum entwickelt. Ich habe morgens einfach oftmals noch 20 Minuten Zeit, um die Route des Tages zu planen. Und ja, es ist richtig. Ein festes Ziel gibt es abends selten. Die Tagesform ist eben ausschlaggebend und die lässt sich meistens nicht mal morgens genau bestimmen.
Die ursprüngliche Überlegung, doch ruhig auch mal wild-romantisch an einem kleinen Bach, auf einer Wiese oder gar im Wald zu zelten, erscheint mir inzwischen alles andere als verlockend. Dazu bin ich zu wild auf die Tages-Belohnung in Form einer heißen Dusche. Verschwitzt in den Schlafsack kriechen, nö. Können die anderen gerne tun. Ich möchte sauber und wohlriechend ins Land der Träume. Halten wir also fest: Forrest Gump hatte Recht – jeder Tag ist wie eine Schachtel Süßes. Jeder Campingplatz nur solange ein nichtssagender Name, bis man ihn betritt. Auf Platz 1 unserer zugegebenermaßen noch sehr kurzen Hitparade der Zeltplätze steht der Waldsee-Campingplatz in Bettmar. Von geradezu absurder Romantik mitten in der Feldmark, knapp 15 Kilometer von Braunschweig entfernt.
Ohne Anmeldung schlagen wir ziemlich erschlagen um 16.45 Uhr nach flotten 60 Kilometern da auf. Eine Rezeption entdecken wir erst mal nicht. Dafür kommt ein jungenhafter Endzwanziger auf uns zu. Wir halten ihn für den Sohn der Campingplatzbesitzer. Manuel Ziebeil ist tatsächlich der Sohn von Campingplatzbetreibern. Allerdings ist dieses idyllische Fleckchen von überschaubaren 65.000 Quadratmetern sein Eigen. Der gelernte Erzieher hatte nach sieben Jahren Lust nämlich Lust auf eine neue Herausforderung. Na klar, dann kauft man eben mal einen Campingplatz. Gibt tatsächlich blödere Ideen. Und wir sind ziemlich sicher: Manuel hat mit diesem Fleckchen Erde definitiv nicht den Zonk gezogen.
Der blonde Schlacks mit Baseballcap macht einen echt guten Job. Ist freundlich, zuvorkommend, hilfsbereit, absolut unkompliziert. Und mutig. Hat einen Kredit in Höhe eines Bungalows aufgenommen, um den Campingplatz seiner ehemaligen Besitzerin abzukaufen. Schuftet nebenbei noch als Grundstückspfleger und hofft, ab kommenden Jahr diesen Zweitjob an den Nagel hängen zu können. Gefragt, ob er über Bewirtung / Gastronomie nachdenkt, schüttelt er den Kopf. Kosten-Nutzen stehen in keinem Verhältnis. Hat er ja bei seinen Eltern gesehen.

Der freundliche Manuel Zielbeil ist ein Campingplatz-Betreiber, wie man ihn sich nur wünschen kann.

Manuel überlässt uns die Wahl unseres Platzes und nach Umrundung des kleinen, Schilfbewachsenen Teichs entscheiden wir uns für die große Wiese, auf der lediglich zwei Graugänse ihrer Empörung Luft über unser Auftauchen machen. Schnatternd rennen sie in einiger Entfernung hin und her, hopsen dann in den Teich und schwimmen rüber zum pinkfarbenen Riesen-Flamingo, mit dem später und am folgenden Morgen die voluminöse Eigentümerin in der Nachmittagssonne über den Teich paddelt.
So dick war sie nun auch wieder nicht. Immerhin konnte man diesen filigranen, zwei Meter kleinen Gummivogel noch gut unter ihr erkennen.
Wir bauen unser Zelt neben einer alten Trauerweide auf, ich will eigentlich direkt eine Runde schwimmen. Christian behauptet, eine Bisam- oder eine Wasserratte gesehen zu haben. Außerdem ist er sicher, dass es auch Wasserschlangen gibt, von großen Fischen (Karpfen?) mal ganz abgesehen. Vielen Dank auch, dann mache ich jetzt halt das Abendessen.Na, also geht doch. Ich bleibe übrigens konsequent bei meinen Behauptungen, schließlich verhungere ich nicht nur Abends. Vielleicht hilft dieses mystische Gerücht um diverse Seeungeheuer ja auch Manuel, seinen Platz dauerhaft gut zu füllen. Zu wünschen wäre es ihm jedenfalls.
Blöderweise findet sich der Korkenzieher für unseren Lieblingsweißwein nicht. Da hilft nur beherztes rübergehen zu den Dauercampern, deren Boxerhündin mich freundlich anbellt, während ihr massiv übergewichtiges Herrchen sich nicht mal die Mühe macht, seine massige Wohlstandsbeleibung zu verhüllen. Ja, ja, wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen, aber ich frage mich ernsthaft, womit er seine Leibesfülle hätte verdecken sollen, so dass ihn seine Füße noch hätten tragen können. Fantastisch, Dickenwitze… Ich entschuldige mich höflich für die Störung und erkläre, wir würden uns gerne betrinken wollen, hätten aber keinen Korkenzieher. Der Dauercamper schaut betroffen, wuchtet sich aus seinem stabilen Stuhl und wankt in den Wohnwagen, kommt mit einem Schweizer Taschenmesser zurück (meins liegt in der heimischen Schublade, weil Christian es als überflüssigen Ballast beschimpfte) und reicht es mir. Gut, dass ich mal in ’ner Kneipe gearbeitet habe. Der Mann einer schweigenden Schwarzhaarigen schaut sehr aufmerksam zu, wie ich die Flasche vom Korken befreie, merkt an entsprechender Stelle ein „jetzt kräftig ziehen“ an. Merke: Gentleman sind schon im echten Leben rar gesät. Auf Campingplätzen sind sie quasi gar nicht zu finden.

Heute aus der Abteilung: Wie man Wein ohne Kühlschrank kühlt.

Nach dem Essen gibt’s noch den obligatorischen Kniffelmarathon und dann husch, husch ins Körbchen. Nachtruhe finde ich übrigens keine: Schon mal Kopf an Froschmaul geschlafen? Herzlichen Glückwunsch. Nichts, was ich meinem ärgsten Feind wünsche. Ein komplettes Sinfonieorchester liebestaumeliger verzauberter Prinzen beginnt sein Konzert gegen 21.30 Uhr und endet ziemlich genau 12 Stunden später. Zwischendurch schalten sich noch diverse Singvögel ein. Wundervoll. So schlecht habe ich selten nicht geschlafen. Für alle jene, die ebenfalls keine ausgewiesenen Ökolärmfans sind: Ohropax ist das einzig probate Mittel, wenn man denn unbedingt an einem Schilfumsäumten Teich zelten möchte.

Nach dem ersten Ruhetag der Tour geht’s am 9. Mai endlich weiter. Natürlich nicht ohne Panne. Auf dem Weg zur Dusche kommt die Dauercamperin mit dem hüfthohen Porzellanpudel vor dem Zelt aus ihrem kleinen Gartentor, in der Hand einen riesigen Sack mit Plastikmüll. Offensichtlich fährt sie auf Fertiggerichte ab und vermutlich qualmt sie wenigstens zwei Schachteln täglich. Die Königspudelinhaberin schwingt ihren kleinen knochigen Körper auf ihr Klapprad, schimpft dabei über den Staub, der durch die unbefestigten Wege so viel Schmutz macht, und fährt vor sich hin murrend die 20 Meter bis zum Müllcontainer. Ich schiele zum Wohnwagenfenster, wo gestern der große, flauschige, weiße Königspudelkopf mit den schwarzen Knopfaugen mit sehnsüchtiger Traurigkeit nach draußen zu schielen schien. Wir konnten bis zu unserer Abfahrt nicht klären, ob es sich tatsächlich um ein lebendiges Wesen handelt, um ein ehemaliges Lebewesen (jetzt ausgestopft) oder einfach nur ein riesiger Rummelgewinn war. 

Ich will vor Abfahrt noch duschen und Haare waschen und es passiert, was im Rückblick durchaus einen gewissen Witz zu haben mag: Mit eingeschäumten Haaren unter einer versiegenden Dusche zu stehen. Ja. Ich alter Sparfuchs drehe brav das Wasser ab, während ich mich und mein Haupthaar einseife. In der irrigen Annahme, Wasser zu sparen. Hab ich am Ende auch. Nur keine Zeit. Und wenn die abgelaufen ist – dann gibt’s auch kein Wasser mehr. Dank meines angelernten Pragmatismus erscheine ich doch noch ohne Schaumreste, dafür mit wehender Mähne zum Frühstück. Und deswegen heute aus der Abteilung kostenlose Ratschläge für Campingplatzduscher: Immer eine leere Wasserflasche dabei haben. Am besten die 1.5 Liter. Dann kann man im Notfall in die Spülküche eilen, warmes Wasser einfüllen, und sich in der Dusche vom restlichen Schaum befreien. (Ich habe übrigens vier mal Wasser nachgefüllt. Ins Handtuch gewickelt und gebetet, dass keiner kommt und blöde Fragen stellt). 

Keine Atempause – die weitere Route wird geplant.

Wir starten um 11.09 Uhr mit einem Umweg von circa 4 Kilometern, bis uns das Navi auf den rechten Weg zu unserem nächsten Ziel schickt. Bei Kilometer sechs, wir ruckeln mehr, als dass wir fahren, über sehr holperige Feldwege, lösen sich erneut die Schrauben meiner Lenkertasche. Und erneut löst Christian das Problem mit einem Fingerschnippen. Es ist schwül, was aber nicht weiter stört, weil wir wunderbaren und dabei konstanten Rückenwind haben. Es fliegt sich gerade so durch hinreißende kleine Fachwerkdörfer, von denen mindestens fünf in die engere Wahl kämen, wenn wir denn aufs Dorf ziehen würden wollten. Und dann erreichen wir nach eher durchschnittlichen 56,94 Kilometern um 17.15 Uhr unsere nächste Übernachtungsmöglichkeit. Arnum, in der Nähe von Hannover.

Wir sprachen ja bereits über Campen im Allgemeinen und unsere ganz persönliche Irritation ob der Menschen, die ihre Wohnwagen geradezu einmauern, im Besonderen. Ob mit Tom-Sawyer-artigen Bretterzäunen, mannshoch und blickdicht, oder durch Bambusmatten, Plastikplanen oder ökologisch vorbildlich durch diverse Anpflanzungen. Über die Freiflächeninventarisierung, die von Korbsesselensemblen über Kübelpflanzen und Carports für den zusätzlich mit Plane abgedeckten Mercedes, Audi oder SUV könnten wir einen Bildband rausbringen. Ohne sich in den Plattitüden der Vergangenheitsverglorifizerung zu verlieren: DAS hat in unseren Augen nichts mehr mit Campen zu tun. Wenn am Wochenende / im Urlaub unterm Strich alles wie zuhause ist …uns bleibt nur eins. Wir ziehen die Toleranzkarte, wenn auch mit einer gehörigen Portion Spott. Ja, es ist schräg, wie auf den Campingplätzen in Malge oder Niegripp oder auch in Bettmar der Ursprung des Campings ad absurdum geführt wird. Schräg und für uns nicht nachvollziehbar. Aber was uns an Tag  6 unserer Tour als Campingplatz verkauft wird, schlägt alles. Bemüht, die schönsten Übernachtungsplätze zu finden, entscheiden wir uns für den Seecampingplatz Arnum, zwischen Hildesheim und Hannover, auf den ersten Blick durchaus romantisch gelegen. 
Wir schlucken, als die auf beiden Oberarmen mit bunten Schmetterlingen und Tierpfotentatzen tätowierte Lady an der Anmeldung ein fröhliches „Ein Zelt, zwei Personen? Macht 20 Euro“, schmettert. Strom kostet noch mal 2 Euro, die kleine Maschine Wäsche waschen 4 Euro, der Trockner weitere 2,50 Euro. Und nein, in den 20 Euro Standgebühr ist das duschen selbstverständlich nicht enthalten. Wir dürfen uns in der Forellenbucht einen Platz aussuchen. Forellenbucht klingt idyllisch. Ist es auch. Theoretisch.

Praktisch ist es eine so unglaubliche Unverschämtheit, dass eine halbe Stunde lang Heringe (für nicht-Camper: Haken, um das Zelt im Boden zu verankern), Portemonnaies und Schuhe tief fliegen, eine Tüte Gummitiere in Rekordverdächtigen 73 Sekunden getötet werden. Gerne würden wir unserer Wut auch stimmlich Ausdruck verleihen. Verdammte gute Erziehung. So grummeln und zetern wir nur halblaut über den viel zu trockenen Boden, in den man nicht mal mit Hilfe eines Hammers die Heringe versenken könnte. Es ist wie es immer ist: Wenn Wut kein angemessenes Ventil findet, multipliziert sie sich. Unsere potenziert sich mit jedem Atemzug. Was also tun? An der Rezeption unter allerlautestem Protest den Zwergenaufstand proben? Mit schlechten Bewertungen drohen? Oder besser gleich abreisen? Natürlich bleiben wir, viel zu erschöpft, um weitere 40 Kilometer zum nächsten Campingplatz zu radeln. 

Schließlich finden wir ein Stück Wiese, natürlich ohne irgendwelche Schattenspendenden Bäume, auf der wir unser Zelt aufbauen. Um uns herum übrigens kein einziger Wohnwagen, sondern nur Häuser. Selbstverständlich eingemauert / eingezäunt. Inklusive Gartenzwergen, Blumenkübeln, albernen Lebensweisheiten auf Schildern. Wenn es je einen Ausdruck für Spießigkeit gegeben hat – hier auf dem Campingplatz, der in Wahrheit ein absurdes Sammelsurium von Ferienhäuser in größtmöglicher  Dichte ist, findet er zu seiner absoluten Vollendung.
Abgenervt, bockig und empört, steigert sich unser Gefühl, am falschen Ort zu sein und dafür auch noch abgezockt zu werden. Zum ersten Mal sind wir beide gleichermaßen frustriert. Und nicht nur frustriert. Ich bin richtig sauer. Was uns hier als „Campingplatz“ verkauft wird, ist eine hochkomprimierte Wochenendhaussiedlung mit Uferstreifen, auf dem zum Zwecke eines (siehe oben – erheblichen) Zusatzeinkommens nun auch noch Plätze an Camper vermietet werden. Ausgedörrter, steinharter Boden, kein schattiges Plätzchen und Promenadenmobiliar, das schon im Weltkrieg in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ich habe im Laufe der letzten 4 Jahre so einige Campingplätze erlebt, aber keiner, nicht einmal in Serbien oder der Türkei, war schlechter. Wobei schlechter nicht ganz stimmt, aber auf keinem habe ich mich jemals so abgezockt gefühlt. Ich stelle mir wiederholt die Frage, ob die Campingplätze ein Spiegel unserer Gesellschaft sind in der jedes bisschen verwertbarer Boden zu barem Geld gemacht wird. Denn von einer Schuld der Campingplatzbetreiber zu reden ist natürlich Blödsinn. Es ist wohl eher eine Frage von Angebot und Nachfrage. Jeden Morgen steht ein Doofer auf, an den sich auch an einem Ententeich noch ein bisschen Urlaubsfeeling verkaufen lässt. Bei mir schleicht sich inzwischen schon wieder mein übliches Tourgefühl von plötzlicher Weltfremdheit ein. Was machen die Menschen nur?

Hohn und Spott zu diesem Platz wird es noch geben, aber im Moment muss ich das erst einmal sacken lassen. Um der Wahrheit die Ehre zu geben: Zwei Dinge entschädigen uns wenigstens ein bisschen. Zum einen können wir beim Abendessen mit leidenschaftlicher Begeisterung über ein junges Paar lästern die mit ihrem schwarzen Mercedes aus Hannover gekommen sind, einen kleinen weißen Flauschhund dabei haben, genau wie Tisch und Stühle, High-Tec-Grill und Schlauchboot, ihre Luxusluftmatratzen mit elektrisch betriebener Luftpumpe zu voller Pracht bringen – und garantiert das erste und letzte Mal gezeltet haben. Zum anderen gibt es in der Spülküche zwei kleine Tische mit Bänken Drumherum. Unser Kniffelmarathonabend ist mückenfrei und gemütlich. Arnum aber wird – was immer noch kommen mag – den allerletzten Platz beim Campinplatzranking einnehmen.

So stellt man sich den optimalen Arbeitsplatz eines Autors vor? Stimmt. Ist er.

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Tag 3 – von Burg nach Räbke



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Tag 3- von Burg nach Räbke

An Tagen wie diesen würde man im normalen Leben sämtliche Stecker ziehen. Im Bett bleiben, sich selber bemitleiden, wahlweise mit Junkfood vollstopfen, um einen weiteren Grund zu haben, sich so richtig mies zu fühlen, auf die Hormone schimpfen oder das Wetter oder die Müllabfuhr und mit viel Selbstmitleid darauf warten, dass es endlich Zeit zum Schlafengehen ist. Geht nicht, wenn du auf Radtour mit dem Liebsten bist. Aber, soviel kann ich verraten, einem grundlosen, dafür gepflegten Wutanfall, dem ein ausgeprägter Tränensturzbach folgt, ist es schnuppe, ob du in deinen sicheren Vier Wänden bist oder nur eine dünne Zeltplane dich vor der Welt schützt.

Am dritten Morgen im Zelt sind die Rückenschmerzen kein bisschen besser, hat die Biologie vier Tage zu früh zugeschlagen und wüste Träume nicht gerade ihren Teil dazu beigetragen, fröhlich flötend aus dem Schlafsack zu krauchen. Der Blick auf den See und die Boote ist so was von urlaubsmäßig wie die Stimmung noch vor dem Quinoa-mit-Trockenfrüchten-an-Joghurt-Frühstück aus dem Ruder läuft. Statt alle Sachen laut Packliste wieder auf die vorderen und hinteren Satteltaschen zu verteilen, explodiere ich plötzlich und unter einer wenig damenhaften Schimpfwörterkanonade schüttele ich den Inhalt der beiden hinteren Packtaschen filmreif ins Vorzelt, um dann heulend vor Selbsthass an die breite Brust meines Brandungsfelsens zu sinken. Er diagnostiziert freundlich eine Panikattacke, die so überflüssig wie normal sei. Und dann ist es auch schon wieder überstanden. Denn: Wir haben ja alle Zeit der Welt, der Weg ist das Ziel, niemand zwingt uns.

Der 83-jährige Dauercamper Heinz ist voller ungläubiger Bewunderung, als er erfährt: Es geht nach Brügge.

Doch die Ruhe ist trügerisch, weil nur äußerlich. Das Gespräch mit dem mehr als rüstigen 83-jährigen Dauercamper übernimmt Christian, während ich den frisch geschorenen Vierbeinerkumpel von der Größe eines Igels bekuschele. Der fuchsfarbene Mischlingsrüde Teddy ist ein Genießer, sein Herrchen wünscht uns eine gute Weiterfahrt. Als wir den Zeltplatz um 10.30 Uhr verlassen, sitzen die vier üblichen Frühschoppler beim zweiten Bier, befindet sich mein Zucker schon wieder im Sturzflug und ich verkünde frustriert: „Das wird kein guter Tag.“ Mein Optimistenmann antwortet: „Abwarten.“ Und dann treten wir in die Pedale und diese Etappe wird nicht nur nicht gut, sondern richtig übel. Ab Kilometer 36 habe ich keine Lust mehr, als Kilometer 40 lasse ich das auch verlauten, wohl wissend, dass wir noch mal 40 fahren müssen, um unseren Campingplatz in Räbke, 12 Kilometer hinter Helmstedt zu erreichen.
Eigentlich ist es eine tolle Etappe. Wir fahren auf dem Elberadweg, entlang vom Mittellandkanal. Wieder jede Menge riesige Rapsfelder, viele schöne Wege durch Wälder, hübsche Dörfer, über Feldwege. Immer wieder gibt es kurzfristige Energieschübe, die mich Steigungen mühelos bewältigen lassen. Mit sehr lautem und energischen „Buuuhhhhh“ macht ich einmal mehr deutlich, was ich von die Landschaft verschandelnden, Vögel mordenden und Menschen beeinträchtigenden Windkrafträdern halte. Nichts. Ihre rotierenden Blätter klingen genauso bedrohlich wie diese Stahlmonster aussehen, die da auf Wiesen stehen, ganze Dörfer einkreisen und in meinen Augen Gelddruckmaschinen für Hersteller und Betreiber sind, deren Nutzen für die Menschen aber überhaupt in keinem Verhältnis stehen. Hier sei kurz erwähnt, das Tina das Buch „Unter Leuten“ von Juli Zeh sehr mag. Da geht es genau um diese Thematik. Aber für mich steht eines fest – Atomkraft will keiner, Öl und Kohlekraftwerke sind absolute Umweltschweine und statt Energie zu sparen, brauchen wir immer mehr davon. Schön sind die Windkraftparks nicht, da gebe ich Tina Recht und ja, der finanzielle Gedanke beim Errichten dieser Teile ist wesentlich größer als der ökologische, aber so lange wir keine besseren umsetzbaren Ideen haben, brauchen wir solche Dinger um unseren Energiehunger zu stillen. Übrigens sind die nicht aus Stahl, sondern aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Klugscheißer – machts auch nicht leichter.
Meine gedrückte Stimmung scheint sich zu übertragen. Wir witzeln nicht, wir reden überhaupt sehr wenig. Ich bin müde, erschöpft, lustlos. Es ist pure Schinderei. Spaßmacht was anderes. Trotzdem gibt es keinen Moment in dem ich denke: „Was tue ich hier eigentlich? Ich will nach Hause.“ Ich hätte das Gegenteil erwartet und bin unter all dem erschöpften Frust dankbar, dass Aufgeben keine Option ist, die sich auch nur im Ansatz in meinen Gedanken einschleicht. Dieses Gefühl hält mich aufrecht. Auch wenn der Sonnenbrand auf meiner linken Wade brennt und meine Hände krebsrot sind. Auch als sich die Schrauben meiner Lenkertasche lösen und ich eine herrliche Schussfahrt mit knapp 40 Kmh abbremsen muss. Christian zückt sein Fahrtenmesser, lässt mich den grauen Futterstoff aufritzen und zieht die beiden Schrauben fest – und dann gibt’s zum Schutz noch nen Streifen Gaffa über die Schrauben. Weiter gehts.

Wir sind die gelebte Wiedervereinigung

Es gibt heute tatsächlich nur einen kurzen Moment des Stolzes auf die eigene Leistung: Als wir die Bundesländer wechseln und nicht mehr in Christians Heimat, sondern in meiner unterwegs sind. Die 83,02 km Tagesetappe sind meine bisherige Höchstleistung. Die Bewunderung der Campingplatzbetreiberin in Räbke und die ihrer holländischen Mutter erreicht mich nicht – ich bin zu platt. Wir stellen unser Zelt in Rekordzeit auf, Christian bastelt zwischen unseren Rädern eine Wäscheleine, funktioniert seine Spanngurte zu einer weitere Trockenvorrichtung zwischen den Bäumen um, während ich mich mit einigem Unbehagen, viel Überwindung und zusammen gebissenen Zähnen in den seit den 70er Jahren nicht mehr modernisierten sanitären Anlagen vom Straßenstaub befreie.

Christian lädt zum Essen bei Schnitzel-Fritz ein. Das einzige Lokal im Umkreis von 8 Kilometern, direkt am Freibad, neben dem Campingplatz. Die nette Bedienung, die vielleicht mal wieder zur Hennaflasche greifen sollte, um ihren Haaransatz nachzufärben, serviert mir zwei Löffel aufgewärmtes Tiefkühlgemüse an etwas grünen Salat und Pommes – lecker ist anders. Aber es macht satt. Und wir haben für 2 Euro für 24 Stunden Internet und können den Tatort gucken, der aber so langweilig ist wie wir müde sind. Also schlafen wir ein, ohne zu wissen, wer der Mörder war.
Mir wird erst im Nachhinein bewusst, was ich Tina da zugemutet habe, nur um ein Etappenziel zu erreichen. Ein weiterer Campingplatz wäre 12 Kilometer zuvor gewesen und viel weniger gemütlich hätte der auch nicht sein können. Aber hier kann der Leser gerade an einem Lern- und Kennenlernprozess teilhaben. Auch für mich waren die 83 Kilometer bei dieser Hitze kein Zuckerschlecken, aber eben nicht so energieraubend wie für Tina. Und hier sei gesagt, dass unsere Kräfteverhältnis auch ein anderes ist. Und das ist keine diplomatische Umschreibung für Mann – stark, Frau – schwach. Denn so stimmt das nicht. Tina macht Abends selten einen „fertigen“ Eindruck. Im Gegenteil, sie ist oft noch energiegeladen, während es mich in den Schlafsack zieht. Es ist keine Frage der Gesamtkraft, sondern eher eine der Krafteinteilung. Und hier habe ich einfach ihre Einteilung missachtet. Was geht und was eben nicht, ist letztendlich etwas, was man durch Grenzerfahrungen ausloten muss. Wer als Paar also ein ähnlich angelegtes Ziel hat, sollte sich darüber im Klaren sein, dass solche Dinge eindeutig kommuniziert werden sollten. Wir haben darüber gesprochen und gemeinsam beschlossen, die zukünftigen Ziele gerade im Hinblick auf die unklaren Strecken- und Wetterverhältnisse kürzer zu gestalten. Und auch allen anderen kann ich nur raten: Sagt Bescheid, wenn etwas zu viel wird oder auch zu wenig ist.
Trotzdem war es eine großartige Leistung!

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Tag 2 – von Brandenburg an der Havel nach Burg



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Tag 2- Brandenburg (Havel) nach Burg

Die erste Nacht, der erste Morgen – die Hölle. Die dämliche Therma-Rest zu schmal, zu hart. Der Mumienschlafsack zu beengend. Das doofe Kissen hat Null Kuschelfaktor und ich habe keine Ahnung, wie ich aus meinem orangefarbenen Kokon kriechen soll, ohne dass Christian den Notarzt alarmiert, weil sein Weib vor Schmerzen so ächzt und stöhnt, als sei ihr Ende gekommen. Der Gedanke, nach dem Schlafsack irgendwie auch noch mit wenigstens einem Hauch Würde aus dem Zelt krabbeln zu müssen, macht mich so mürbe, dass ich liegen bleibe. Das verliebte Entenpärchen schnattert sich und mich seit halb fünf mit Liebesgesäusel voll, das Wasser plätschert mit empörender Fröhlichkeit auf unseren kleinen Privatstrand und die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel und beglückt Christian, der schon Kaffee gekocht und die heutige Route geplant hat, während ich noch überlege, ob ich ihn bitte, mich von meinem Leid zu erlösen und einfach zu erschießen. Um halb zehn quäle ich mich dann doch aus Schlafsack und Zelt, versuche irgendwie ohne umzufallen in die Schuhe zu kommen und wanke zur Bank mit Tisch inklusive Ausblick auf sanft schaukelnde Boote hinterm Schilf. Christian ist in seinem Element, der junge Hund. Seine Schmerzen halten sich in Grenzen, ehrlich gesagt, ich vermute, er hat gar keine. Sagt nur aus purer Solidarität, sein Rücken täte ihm weh. Seine tröstenden Sätze „Die ersten drei Nächte ist es schwierig. Der Körper muss sich erst mal an die Anstrengungen gewöhnen. Ich habe nie besser geschlafen als auf Tour.“ rauschen an mir vorbei. Ich glaube sie ihm nicht und hoffe gleichzeitig, dass es genauso sein wird.

Campingplatzidylle mit freiem Blick auf den See

Zu den Schmerzen, die bis in beide Beine ziehen, kommt die grenzenlose Empörung, dass uns der als romantische „Waschbärenbucht“ angepriesene Zeltplatz nicht einen einzigen gestreiften Gesellen zu bieten hatte. Statt gefräßigen Waschbären tummelten sich vereinzelt Mücken, ein Paar Enten und der eine oder andere von Frühlingsgefühlen gebeutelte Vogel.

Mit der eingeschweißten Zugangskarte vom Seecamp Malge (zwei gemalte Seerosen plus die überklebten Öffnungszeiten) schlurfe ich in grauer Jogginghose, blauem Irland-Hoodie und selbst gestrickten Socken in meinen Badelatschen zum Waschhaus. Das übrigens groß und sauber ist.  Und leider über blitzblanke Spiegel in perfekter Höhe verfügt. Merke: Nach der ersten Nacht im Zelt NIEMALS in den Spiegel gucken. Der Schock ist groß, kann schlimmstenfalls zu Wut- oder Verzweiflungsausbrüchen führen und einem den kompletten Tag vermiesen. Ich erstarre für Sekunden: Ich sehe noch älter aus, als ich mich sowieso fühle. Und kein Make-up dabei, um wenigstens äußerlich zu kaschieren, dass ich ein Wrack bin. Willkommen zweiter Reisetag. Ich bin bereit.

Ihnen sehen wir sonst immer nur von der Autobahn aus: Den Elbe-Kanal, hier bei Magdeburg

Nach mit Trockenfrüchten angereichertem Quinoa an Naturjoghurt geht’s mindestens eine Stunde später als geplant los. Die Packtaschen sind perfekt austariert, die schon im vergangenen Jahr gekauften Strohhüte sitzen, meine Sonnenbrille ist stylisch und praktisch (seltene Kombi, deswegen so erwähnenswert) und für einige wenige Kilometer geht’s an Gleisen entlang. Wir biegen in einen kleinen Wald – in Klammern: ROMANTISCH – der Weg lässt sich prima fahren und als wir an einem Anglerheim vorbeikommen, vor dem jede Menge fesche Kerle in grünen Gummistiefeln und sexy Gummihosen das erste Bier des Tages zischen (ist schließlich auch schon halb zwölf), passieren wir gleich darauf einen winzigen Bootsverleih, den Christian ignoriert und mir den Atem stocken lässt. Ich steige ab und mache ein Foto, um später sicher sein zu können, nicht mit offenen Augen geträumt zu haben. 

Als vom Dorf stammende Niedersächsin bin ich Kummer gewöhnt und zu dem wenigen, was mir tatsächlich Angst macht, gehören überall im Haus verteilte Stoff- wahlweise Seidenblumen und _ Gartenzwerge. Ich möchte niemanden zu nahetreten oder gar verurteilen. Über Geschmack lässt sich nicht streiten, jeder nach seiner Facon etc etc etc. Aber bei aller Toleranz: Gartenzwerge gehen gar nicht. Sie sind der pure Grusel. Und dem war ich an diesem Morgen vollkommen unvorbereitet ausgesetzt. Er überkam mich mit einer solchen Heftigkeit, dass ich stoppte und wie in Trance das Handy aus der Lenkertasche kramte, ungläubige auf den Auslöser drückte und dann ganz schnell weiterfuhr.

Ein Bootsverleih der anderen, der wirklich sehr beunruhigenden Art

Das Bild der dicht an dicht gedrängt, auf drei Fensterbrettern stehenden Gartenzwergen jeglicher Größe und Couleur, hat sich mir in all seiner unglaublichen Scheußlichkeit eingebrannt. Diese winzigen Fieslinge mit ihren dämlichen Zipfelmützen und roten Wangen und langen Bärten stehen und liegen und hangeln sich im Garten, vor, am und auf dem Zaun, im Rasen, unterm Strauch. Und mittendrin schaut Schneewittchen, den roten Apfel in der Hand, mit nach oben verdrehten Augen verzweifelt (?) gen Himmel. Das „huhu“ der Eulen rechts neben ihr meinte ich genauso deutlich zu hören wie das alberne Gekicher und sinnlose Gequassel der einfältigen Gnome, die mit ihrem grenzdebilen Grinsen vermutlich nur harmlose Fröhlichkeit ausstrahlen sollen. Mir machen sie Angst. Immer noch. Immer wieder.
Oh, Gott, mein Weib, der Gartenzwerk-Monk. Ich bin mir nicht sicher, ob wir da nicht mal lieber einen Therapeuten ran lassen sollten… Klingt nach einem echten Trauma. Liebe Gartenzwerkfreunde, lasst Euch bitte nicht verunsichern. Tina hat außer SUV-Fahrern und Müttern mit Kinderwagen kaum ein Feindbild – sie braucht Euch!!!

Weil wir ja ganz am Anfang unserer Tour sind, haben wir natürlich noch nicht sämtliche Spielregeln festgelegt. An diesem zweiten Reisetag einigen wir uns allerdings ohne Diskussion darauf, keine Möglichkeit auszulassen, um zu spotten, zu lästern oder uns lustig zu machen, wenn es um rücksichtslose Autofahrer und um Ortsnamen geht. Sind „Hörsingen“ oder „Langeleben“ nicht geradezu prädestiniert, um unsere sarkastischen Teufel aus dem Dornröschenschlaf zu erwecken? Auch Kirchmöser ist ein großartiges Beispiel, um es als fantasievoller Zyniker mit brachialer Freude Kübelweise in Spott und Hohn zu ersäufen. Aber, blöd gelaufen. Denn so fürchterlich der Name, so absolut be- und verzaubernd ist dieses Örtchen, das die perfekte Kulisse für einen Film aus den 1920er Jahren sein könnte. Während ich meiner endlosen Verzückung lautstark Ausdruck verleihe, hat der Herr der Route leider, leider, leider kein Auge für die Schönheiten der Architektur, die liebevollen, sehr gepflegten Backsteinbauten mit ihren entzückenden Vorgärten, in denen der Flieder in weißer, dunkellila und fliederfarbener Prachtblüte seinen Duft verströmt. Immerhin hat er sich zu der Aussage hinreißen lassen, dass Kirchmöser ja nicht morgen von der Landkarte verschwindet, wir also jederzeit noch mal in Ruhe vorbeischauen können. Obacht! Können – Konjunktiv. Dabei meine ich das wirklich ernst. Auch wenn wir wenig später in ein Szenario aus „nach dem Atomkrieg“ geschleudert werden, sieht mittelfristig nichts danach aus. Kirchmöser ist seit ca. 5000 Jahren so wie es ist, daran wird sich auch die nächsten Jahrtausende nichts ändern.

Durch malerische Örtchen, meist über als unbefestigt geltende Landwirtschaftswege fährt es sich ganz wundervoll hoch und runter, vorbei an knallgelben Rapsfeldern, giftgrünen Wiesen, durch Märchenwälder und dann widerspricht das Navi der Karte und wir schieben in praller Mittagshitze einen fiesen Schotterweg hoch. Keine 50 Meter, aber trotzdem ätzend. Immerhin werden wir mit einem herrlichen Panoramablick in leuchtend Gelb und sattem Grün belohnt und blicken auf das Fachwerkhäuserreiche XY runter, durch das wir vor wenigen Minuten gekurvt sind. Wir überqueren eine Brücke mit taubenblauem Geländer. Unter uns eine Bundesstraße, die ziemlich neu und ziemlich ungenutzt wirkt. Minutenlang kein einziges Auto. Es ist surreal, als wären wir die einzigen Menschen auf der Welt. Sag ich ja – „nach dem Atomkrieg“-Szenario. Im nächsten Dörfchen ein Storchennest mit zwei Bewohnern. Ich habe noch nie Störche aus dieser kurzen Entfernung gesehen und bleibe stehen, fotografiere. Christian verspricht, wir werden noch viele Nester und noch viele Storchenpaare sehen. Haben wir dann aber nicht. Obwohl ich nix mit der Kirche als Institution am Hut habe – diese kleinen Steinkirchen, die wir vielerorts sehen, finde ich großartig. Können Natursteine Ruhe und Friedlichkeit ausstrahlen? Vermutlich nicht – pure Projektion, wahrscheinlich Wunschdenken. Trotzdem herrlich. Persönliche Anmerkung des Mitreisenden -hat sich eigentlich schon mal jemand über das Wörtchen „herrlich“ Gedanken gemacht? Welch vorzüglicher Wortstamm!

Wir steuern den Elbe-Radweg an, fahren parallel zu ihm, müssen alle 10 Kilometer kurz stoppen, damit ich meinen Zuckerspiegel leistungsaktiv halten kann. Am Ende der ersten zwei Tage habe ich 22 Müsli-Riegel Schokolade-Bananengeschmack und 8 mit Joghurt-Kirsch-Geschmack in mich reingestopft und kann das Zeug nicht mehr sehen.Ich hatte 30 mit Haselnussgeschmack und jammere kein bisschen. Und dann, nach 75,66 Kilometern – die letzten zwei am Kanal, durch einen schmalen Waldstreifen entlang – haben wir unser Ziel für diesen Tag erreicht: Der Campingplatz Niegripp bei Burg. Der junge, rothaarige Campingchef ist beeindruckt von unserer Etappe, rät uns zu einen tollen Platz mit Blick auf den See. Keine zehn Meter sind es zum niegelnagelneuen, wirklich luxuriösen Waschhaus und einer rustikalen, überdachten Holz-Sitz-Bank-Kombi. Das Zelt steht noch nicht, da sind wir schon von den ersten vier freundlichen Hunden und ihren Leinenhaltern begrüßt worden.

Zum Abendbrot kochen wir 250 gr Nudeln, von denen mir beim Wasser abgießen die Hälfte in den Rasen fällt. Wenigstens direkt neben dem Mülleimer. Was mir übrigens ein großer Spaß ist, da ich Tina kurz vor dem Unglück von meinem Unglück auf der letzten Tour erzählt habe, bei dem mir ungefähr 250 gr Nudeln in den Dreck gefallen sind. Wir stoßen mit Pinot Grigio aus der Flasche und einem Alster an, spielen Dank der Stirnlampe bis kurz vor 23 Uhr unsere einstündige Partie Mega-Kniffelig (ich verliere mit unfassbar schlechten 4776 zu 5552 Punkten) und dann ist der zweite Tourtag vorbei.

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Der Tag der Abreise wird kurzerhand zum Tag VOR der Abreise. Denn plötzlich verfallen wir zwar in blinden Aktionismus (Steuererklärung fürs erste Quartal, diverse Rechnungen überweisen, Mahnungen bezahlen, Bad putzen, doch noch andere Schuhe besorgen), gleichzeitig erstarren wir ob der anstehenden Aufgaben. Und am Morgen der Abfahrt – die Schnittchen (nahrhaftes Roggenbrot für mich, ohne-Kommentar-Sandwichtoast für Christian) sind geschmiert, das Quinoa mit Früchten genau wie der Reis mit grünem Spargel luftdicht in Tupper verpackt, die vier Getränkeflaschen gefüllt mit Saft, Wasser, Tee und eine mit Magnesium Brausetabletten -,  gucken wir uns an und sprechen aus, was wir schon am Vortag dachten: Lass uns um einen Tag verschieben. Wir verschieben – und sind erleichtert.

Ich nutze das neue Zeitfenster, um einen Ersatz für die viel zu schwere, arschteure, aber vor allem wertvollen Stauraum klauende Nikon D90 zu besorgen. Mein Job, denn ich bin hier die mit dem Fotografenfimmel und -auge. Und weil ja das Handy nur bedingt Selbstauslösertauglich ist, muss eine Hilfe her. Wir hassen die Menschen, die ihn nutzen, aber am Ende wird er uns bestimmt sehr aus Herz wachsen, der gemeine Selfiestick.

Beim Discounter im Hauptbahnhof versuche ich mein Glück. Obwohl ich lieber zu den in rot gekleideten Jungs im Sterncenter gefahren wäre. Hätte ich mal auf meinen Instinkt gehört – dann hätte der sehr freundliche, sehr übergewichtige, sehr geruchsintensive – nennen wir ihn Peter – nicht auf seine Mittagspause verzichten müssen. Ich spielte die von mir nur selten genutzte Mädchenkarte aus: Freundliche, leicht piepsige Stimme, schief gelegter Kopf, große hilflose Augen: „Ich brauch so einen Selfiestick. Können Sie mir bitte zeigen, wie der funktioniert?“

Peter hat die drei Bluetooth-tauglichen Selfiesticks ausgepackt (einer in apartem neonpink, einer im von mir favorisierten unaufdringlichen Silber und einer in Schwarz mit innovativer metallicblauer Applikation). Keines erkennt mein Handy an. Peter bleibt geduldig, betont, wie geduldig er ist und versucht es immer und immer und immer wieder. Kommt zu der Überzeugung, dass mein Handy zu alt ist und ich dringend ein neues brauche (ja, natürlich.) Er scheitert fulminant auf ganzer Linie. Schielt immer wieder zur Uhr auf seinem Handy der allerneuesten Generation (es ist so groß wie mein kleines IPad) und seufzt schließlich: „Keine Ahnung.“ Und ich? Bleibe ganz geduldig, obwohl ich normalerweise zickig werde, wenn ein angeblicher Fachverkäufer keine Ahnung hat. Und das dann auch noch zugibt – eigentlich sehr viel sympathischer als der Fachverkäufer beim großen Radhaus in Berlin, der im Brustton der Überzeugung sagte, das Ritzel würde passen – tat es dann aber nicht. Egal.

Während ich also immer noch keinen Selfiestick mein eigenen nennen darf, schaue ich mich unauffällig nach TECH-Nick um. Wo ist der Kerl, wenn man ihn mal braucht? Er erscheint nach geschlagenen 58 Minuten in Person von Micha, Glatze, dafür Bart und sehr viel weniger förmlich als sein junger Kollege. „Schätzlein, was willst du denn mit nem Deppenzepter, wenn du ne Nikon hast?“, fragt er und ich kann nicht anders: Ich strahle vor Glück! Als zertifizierte Dramaqueen brauche ich genau das – ein Deppenzepter! Muss ja auch nicht mit Bluetooth sein, mit Kabel reicht mir. Und genau da lag der Fehler: Mein mobiles Apfeltelefon unterstützt diesen Bluetooth-Kram nicht. Micha wünscht uns viel Spaß auf der Tour und ich präsentiere meinem Herzenskönig voller Stolz unser neues Symbol der Könige der Straße.

Und der Herzkönig gibt hier auch gleich ein Statement zur „Präsentation des Deppenzepters“, das sich wie folgt gestaltet:

Wir nehmen also die vollbepackten Reiseräder und fahren in den Park Babelsberg, um uns nach einem geeigneten Hintergrund umzuschauen. Der könnte oben beim Schloß sein. Ähm schwierig, weil erst zu weit, dann zu dicht und dann blödes Licht. Vielleicht an der Gerichtslaube? Die gleichen drei Probleme zuzüglich Menschen, die einfach nicht auf ein Selfie von uns gehören. Weiter zum Flatowturm. Licht doof, Entfernung kompliziert und zu viele Menschen. Des Königs Laune sinkt.  Selbst wenn ein Bild gut klappt, sind entweder die Deppen oder die Räder schlecht zu sehen. Ich beginne die Selfiesticks auch aus der Besitzersicht zu verachten. Die Königin hingegen ist voller Tatendrang. Noch mal runter ans Wasser, um es mit einem Blick auf Sonnenuntergang und/oder Hans-Otto-Theater zu versuchen. Ein einsamer Fuchs sieht so verwirrt aus, wie ich mich fühle. Wir haben scheinbar beide das gleiche Ziel: weg hier. Aber Maria Stuart der Fotografie hat sich dieses Foto in den Kopf gesetzt und wir haben gemeinsam bereits so viel Zeit hinein investiert, dass es wirklich Blödsinn wäre jetzt abzubrechen. Kurz schießt mir der Gedanke in den Sinn, wir könnten doch noch 1-2 Wochen verschieben, nur um das perfekte Motiv zu finden, da ist das Bild schon im Kasten. Es gilt also doch: Gut Ding will Weile haben.
Ich für meinen Teil habe übrigens das Wort Deppenzepter so liebgewonnen, dass ich es in meinen täglichen Sprachgebrauch übernommen habe.

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So eine mehrwöchige Radtour will ja gut vorbereitet sein. Da müssen Entscheidungen getroffen werden, gegen die ist, sagen wir, ein Hausbau oder der Kauf der eigenen Grabstelle, Kindertheater. Sonntagsspaziergang quasi. Echt Pillepalle. Die Frage nach dem richtigen Rad (mit oder ohne Rohloff, Magura-Bremsen oder nicht, Brooks-Sattel oder lieber Gel), dem richtigen Zelt, dem richtigen Schafsack, der richtigen Isomatte wird ergänzt von ausufernden Überlegungen zu Radhosen, Oberbekleidung, Schuhen, Kochgeschirr dagegen, (an dieser Stelle imaginiere der geneigte Leser bitte das Zeichen für Endlos – die liegende Acht) – DAS sind existenzielle Grundsatzentscheidungen, die wir schon im vergangenen Jahr getroffen haben. Deswegen empfehlen wir übrigens allen Paaren, bei denen die Kommunikation mangels fehlender gemeinsamer Themen öde zu werden droht, unbedingt die Planung einer mehrwöchigen Radtour (muss man am Ende ja nicht in ihrer Gänze durchziehen. Verkürzen geht immer. Dann geht’s eben nicht in die Masuren, sondern am Sonntag nur zu den Schwiegereltern, beispielsweise). Es geht an dieser Stelle ja um die Planung. Und die, Kinners, rettet euch und eure Ehe. Ihr werdet über MONATE jeden einzelnen Abend der Woche was zu debattieren, diskutieren und recherchieren haben. Kleiner kostenloser Tipp an alle da Draußen, die ihre Hintern gerne mal wieder von der Couch hochkriegen würden wollen, denen es aber an einem einschlägigen Ziel mangelt. Oder glauben, „so was“ nicht zu können. Glaubt uns – ihr könnt! Jeder kann – ruff uff den Drahtesel und los. Klappt. Geschwört.

Wir haben also geplant, obwohl einschlägige Reiseblogger und erfahrene Reiseradler dringend davon abraten. Weil planen genau genommen wenig bis überhaupt gar keinen Sinn macht. Weil? Richtig, werte Schwarmintelligenz. Weil’s sowieso immer anders kommt. Was wir übrigens durchaus teilweise bestätigen können. Wollten wir doch schon im vergangenen Jahr für mehrere Wochen als Radwanderer unterwegs sein. Für Mai war eine achttägige „Probetour“ nach Prag geplant. Im Spätsommer wollten wir den kompletten Jakobsweg beradeln.

Als einschlägig bekannte Rampensau habe ich natürlich einen Partymuffel mit soziophoben Tendenzen an meiner Seite. Gegen meine spontanen Entscheidungen ist selten ein Kraut gewachsen. In diesem Fall hieß das: Komm, wir laden deine und meine und unsere Freunde und noch feierfähigen Familienmitglieder ein, mieten unsere Lieblingskneipe, bestellen Fingerfood beim Caterer und lassen es zum Abschied richtig krachen. Zwar haben wir die Idee überschlafen und Christian fand sie auch am nächsten Tag noch blöd. Na ja, vielleicht nicht blöd, aber zumindest ein wenig sehr, sehr, sehr übertrieben, aber ich hab mich durchgesetzt. Obwohl ich am Tag der Party erheblich kränkelte. Obwohl unser Getränkebudget bereits eine Stunde vor Mitternacht rettungslos überzogen war, war es für alle Gäste eine prima Party. Ich lag am folgenden Tag mit Erkältung flach. Sie meint eher den folgenden Sommer, aber dazu schreibt sie bestimmt gleich auch noch was… Weib, komm zum Punkt!. Tourstart um eine Woche verschoben. Dann doch noch losgefahren – und in der ersten Nacht einen Rückfall inklusive Fieber und Nasennebenhöhlenentzündung bekommen. Das Ende vom Lied: Wir sind in 2017 weder mit dem Rad nach Prag noch den Jakobsweg gefahren. Und das, obwohl ich mit Betty Blue ein sensationelles Rad (Christian wird bei Gelegenheit die technischen Daten verraten) habe.

Dieses Jahr gab es keine Abschiedsparty. Lediglich Teile von uns waren dieses Mal an der Tourenplanung beteiligt, verfügten über Insiderwissen wie – wann ist der Start und wohin soll es überhaupt gehen. Quasi nur der absolute Inner-Circle wurde eine Woche vor Abreise überhaupt darüber informiert, dass im Mai 2018 der Startschuss zur 1. Klingo-Castle-Tour fallen würde.

Und ganz so war es dann doch nicht. Denn ohne es ganz genau zu wissen, behaupte ich mal, das Tina schon als Kind nach ihren Geburtstagsgeschenken gesucht hat. Denn aus lediglich folgenden Randinformationen: Schatz, wir fahren Anfang Mai, 1022 Kilometer und durch 3 Länder hat Frau Schlaumeier das Ziel erraten… Und technische Details muss ich gar nicht mehr groß aufzählen, denn eigentlich hast Du sie alle genannt. Es ist ein 28er Rad, zusammengebaut von unserem Lieblings-Raddealer Steffen Linke, aus Stahl, mit Magura HS22 Bremsen und einer Rohloff Speedhub-Nabenschaltung. 

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